Spannend bis zum Schluss
Den Weg eines COMTÉ von der Milchkuh bis zum Verkaufstresen zu verfolgen, ist eine spannende Angelegenheit. Wir haben hier schon den einen oder anderen Blick auf diese Reise geworfen. Nun wollen wir einen besonders wichtigen, weil über die finale Qualität jedes einzelnen COMTÉ-Rades entscheidenden, Schritt unter die Lupe nehmen: Den Reifekeller.
Wer je einen der großen COMTÉ-Reifekeller besucht hat (was wir Ihnen unbedingt empfehlen), weiß um den atemberaubenden Anblick, der sich dem Besucher bietet: Endlose Gänge voll goldgelber Käselaiber auf Holzregalen in riesigen Räumen, die eher Kathedralen als Lagerstätten gleichen. Die Atmosphäre ist ehrfurchtgebietend, der Geruch verführerisch, die Luftfeuchtigkeit hoch. Doch fangen wir vorne an.
Wenn die jungen Käseräder, noch ganz weiß, frisch aus der Käserei zur weiteren Reifung beim Affineur ankommen, sind sie zwischen fünf Tagen und drei Wochen alt. Von nun an liegt ihr weiteres Werden in den Händen des Kellermeisters und dessen Helfer. Es sind viele Wochen und Monate nötig, bis sie ihr Optimum an Geschmack und Textur erreichen. Zunächst werden die Ankömmlinge bakteriologisch analysiert, gewogen und dann drei bis vier Wochen lang bei 10 oder 12 °C und einer Luftfeuchtigkeit von über 90 % in die Vorreifungskeller gebracht. In diesem Stadium werden sie durchschnittlich drei- bis viermal pro Woche gewendet und mit Salzlake eingerieben, um ihre Rinde zu entwickeln. Die Pflege der Käse wird kontinuierlich ihrer Entwicklung angepasst, indem etwa die Häufigkeit und Dauer des Abreibens, die Menge der Salzlake oder der Druck der Bürsten verändert werden.
Sobald der Kellermeister sein „Go“ gibt, beginnt für die Käselaibe die „heiße Phase“. Dabei wird die Temperatur in den Kellern auf über 16 °C erhöht, und zwar um ein Grad pro Tag. In dieser Atmosphäre verbleiben die Käse vier bis sechs Wochen, in denen sie genauestens beobachtet und ein- bis zweimal pro Woche gepflegt werden. Darüber hinaus wird ihr Aromapotenzial und die Textur des Teigs durch regelmäßiges Schütteln des Rades gefördert. Nach dieser Phase wird die Temperatur auf 10 °C gesenkt und dann kommen die Laibe bei 5-6 °C in den Alterungskeller, wo sie 12, 24 oder noch mehr Monate bleiben, um ihr Optimum zu erreichen. Und das ist von Laib zu Laib unterschiedlich.
Magie mit vier Hebeln und fünf Sinnen
Natürlich arbeitet der Reifekellermeister in diesen „heiligen Hallen“ nicht alleine. Ihm steht ein ganzes Team von Affineuren zur Verfügung, die von Brettwäschern, Einkellerungsfahrern, Pflegeroboter-Bedienern, Kommissionierern und anderen unterstützt werden.
Sie alle brauchen viel Erfahrung, denn im Reifekeller geht es vor allem um Gespür. Die „Magie“, die der Reifekellermeister mit seinem Team vollbringt, beruht auf vier Hauptkomponenten: Zeit, Luftfeuchtigkeit, Blüftung und Kellertemperatur. Und auf den fünf Sinnen. Da wird die Kelleratmosphäre erschnuppert und am Käse gerochen, die Rinde wird befühlt, um ihre Feuchtigkeit zu messen, der Klang des Laibes wird „abgeklopft“ und je nach Klang weiß der Kellermeister, ob er fehlerhaft ist. Er kostet den Käseteig und schmeckt so, ob er das Kellerklima ändern sollte, und natürlich behält er ständig die Rinde und den Teig sorgsam im Auge.
Beobachtet man die handwerklichen Gesten der Reifungsexperten, so mag man sich über die Zartheit wundern, mit der sie die Käseräder berühren, ja fast streicheln. Nur so können sie die Textur – ob trocken oder feucht, körnig oder glatt – und die Regelmäßigkeit der Käseform untersuchen und entsprechend ihre Pflege beim Reiben anpassen.
Das Abklopfen der Räder erfolgt mit einer sogenannten Sonde, die wie ein kleiner Hammer aussieht und mit der man auch vorsichtig kleine Proben aus dem Käseinnern entnehmen kann. Sie erzeugt sehr unterschiedliche Töne, so dass der Meister erkennt, falls irgendwo ein feiner Riss oder ein kleines Loch in der Käsemasse ist und wie es mit der Elastizität des Käseteigs steht. Die entnommene Probe gibt ihm Auskunft über die aktuelle Textur des Käseteigs und die Entwicklung der Aromen.
Das Ergebnis dieser „Untersuchung“ wird mit dem Code des jeweiligen Reifekellers auf dem Etikett des Käserades vermerkt. Auf diese Weise verfügt jeder COMTÉ über eine Art Ausweis, der seine Herkunft und seine fachkundig bewertete Güte belegt. Ein echtes AOP-Produkt eben. Einzigartig und köstlich.