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Jean-Marie Ganneval und Léo Baillin sind Cousins, wenn auch etliche Jahre auseinander. Gemeinsam arbeiten sie mit viel Herzblut und hochmodernen Methoden im Familienbetrieb „im Jura, den Jean-Marie von seinen Eltern übernommen hat und der als Kulisse für die Kalbungsszene im Film „Könige des Sommers“ diente.
Dies ist die Geschichte eines kleinen Jungen aus Grenoble, dessen Eltern im Sommer gern ins winzige Bergdorf Val d’Epy zurückkehrten, aus dem seine Mutter stammte. Während der Ferien, die er meist dort oben verbrachte, fuhr er am liebsten mit seinem Cousin auf dem Traktor. Inzwischen sind viele Jahre vergangen und aus dem kleinen Jungen, Léo Baillin, und dem traktorfahrenden Cousin, Jean-Marie Ganneval, sind inzwischen offizielle Partner im landwirtschaftlichen Betrieb „GAEC de la Source“ geworden.
Dass der sanftmütige Léo einmal Milchkühe im Juragebirge halten würde, war so allerdings nicht vorgesehen. Nach dem Studium an der TU in Brest, dem Bachelor und der Ingenieurschule für Netzwerke und Telekommunikation hatte er eigentlich andere Pläne. Doch dann kam Corona und für Léo die Erkenntnis, dass er nicht als Büroangestellter Karriere machen will. So kehrte er zurück zu Jean-Maries Traktor und in die Landwirtschaft. Wie Léo hat auch sein Cousin ein von jeher ausgeprägtes Interesse an Technik und modernen Systemen. Womöglich wurde es ihm schon in die Wiege gelegt. „Mein Vater war früher technischer Zeichner, sehr technikbegeistert. Schon in den 80er-Jahren hat er Laufställe für die Milchkühe gebaut. Meine Eltern errichteten ihr Haus gleichzeitig mit dem Stallgebäude, während sie sich um ihre beiden Töchter und später – ab meiner Geburt 1980 – um mich kümmerten“, erzählt Jean-Marie.
Tierliebe mit App und KI
Die beiden Cousins sehen ihre heutige Zusammenarbeit als eine besondere Fügung an, wobei Jean-Marie 2003 in den elterlichen Betrieb eintrat, während Léo exakt 20 Jahre später hinzukam. Und sie verstehen sich blind. Beide lieben ihre Kühe, aber sie sind sich auch darin einig, dass sie nicht an der Arbeit kaputtgehen wollen. Also haben sie ihre technische Begabung genutzt und clevere Systeme entwickelt, um sich das Leben zu erleichtern. Dazu gehört nicht nur eine App zur Steuerung des Elektrozauns, sondern auch Kameras mit Solarbetrieb und KI sowie Photovoltaik-Paneele und andere Finessen. „Wir mögen beide die neuen Technologien“, sagen sie lächelnd.
Und doch sind die Tiere das Wichtigste. Die Freude der beiden am Zusammensein mit ihren Kühen wird von der Auszubildenden Lucie mit Begeisterung aus allen Blickwinkeln fotografiert. „Wir sind eigentlich ständig bei den Tieren. Das Herzstück ist: Wir arbeiten mit Lebewesen! Wir kennen die nicht nur die Mutter, sondern auch noch die Großmutter jeder einzelnen Kuh“, erklärt Jean-Marie.
Vingt Dieux: 40 Personen im Stall
Jean-Marie und Léo haben Spaß an ihrer Arbeit, die sie mit allem Drum und Dran ausfüllen: Ackerbau, Weidepflege, Direktsaat … und doch arbeiten sie lieber 8 als 10 Stunden am Tag. „Man muss sich auch Zeit für sich selbst nehmen“, sagt Jean-Marie, der in seiner Freizeit Rad fährt, ins Kino geht oder mit der Familie Zeit verbringt. Léo, der heute 25 Jahre alt ist, nutzt seine freien Wochenenden, um nach Lyon, Grenoble oder sonst wohin zu fahren, um Freunde zu treffen, um zu feiern oder um an seinem alten Renault 4L zu schrauben.
Nettes Detail zum Abschluss: Als im vergangenen Jahr ein abgelegener Teil des Stalls auf ihrem Hof zur Filmkulisse wurde und dort die Kalbungsszene für den Film Vingt Dieux (dt. Könige des Sommers) von Louise Courvoisier gedreht wurde, freuten sich die beiden Cousins über die spannenden Einblicke hinter die Kulissen des Filmschaffens und die dort verwendete Technik.