Ludovic Bisot

Nahaufnahme Ludovic Bisot

Der Käse ist sein Weg

Ein paar Dinge im Leben passieren lautlos. Sie schleichen sich heran, nehmen Gestalt an, bis sie plötzlich ganz klar sind. So war es wohl auch bei Ludovic Bisot. Seine berufliche Geschichte beginnt nicht mit Rahmkäse und Rotschmiere, sondern mit Strategien und Excel-Tabellen. Und doch hatte der Käse schon früh einen festen Platz in seinem Leben.

Er stammt nicht aus einer wohlhabenden Familie und doch war der Käse schon in der Kindheit von Ludovic Bisot allgegenwärtig. Auf dem Esstisch der Familie in Lyon landete der Comté aus Poligny regelmäßig via Paket des Betriebsrats. „Auch wenn wir nicht viel hatten,  auf Käse wurde nie verzichtet“, erinnert sich der heute 58-Jährige.

Ludovic arbeitet als junger Mann zunächst im Energiesektor, als Berater, gut bezahlt und auf sicherem Kurs. Aber innerlich nagt etwas. Es ist die Sehnsucht nach Sinn, nach Handwerk, nach etwas Echtem. 2009 trifft er eine Entscheidung, die viele nicht verstehen: Er kündigt. Ein Jahr später eröffnet er seine eigene Käsetheke „Tout un fromage“ in Rambouillet bei Paris.

Ein Umweg mit Sinn

„Man hat nur ein Leben – und ich wollte meins mit dem füllen, was mich wirklich glücklich macht.“

Der Schritt ist mutig, aber nicht unüberlegt. Ludovic lernt, beobachtet, fragt. Über 150 Produzenten, Käsemacher, Affineure besucht er in den ersten Jahren. Er will nicht einfach nur verkaufen – er will verstehen.

Seine Entdeckungsreise führt ihn auch ins Jura, zu den Wurzeln des Comté. „Was mich beeindruckt hat, war nicht nur der Geschmack“, erzählt er. „Es war das ganze System dahinter: klein strukturierte Landwirtschaft, handwerkliche Fertigung, starke Gemeinschaft.“ Ludovic erkennt früh: Comté ist mehr als ein Käse. Es ist ein Modell. Eine funktionierende, gerechte Wertschöpfungskette, in der jeder Beteiligte – vom Bauern bis zum Affineur – einen Platz hat.

Der Titel, der alles verändert

2015 tritt Ludovic beim renommierten Wettbewerb „Meilleur Ouvrier de France“ (MOF) an. Zwei Jahre lang bereitet er sich intensiv vor – und gewinnt. Als Quereinsteiger. Eine Seltenheit. „Danach haben mich viele meiner alten Kollegen mit anderen Augen gesehen“, sagt er schmunzelnd. „Vorher war ich der Verrückte. Danach war ich der mit dem Trikolore-Kragen.“

Sein Geschäft ist ein Spiegel seiner Persönlichkeit: verspielt, leidenschaftlich, ein bisschen verrückt – aber immer mit tiefem Respekt für das Produkt. Er erfindet Begriffe wie „Fromagination“, veranstaltet Käseturniere wie das legendäre „Roland Claquos“ und bringt 2024 über 220 Käsesorten aus Burgund-Franche-Comté auf das größte Käsebrett der Region.

Ludovic schreibt, forscht, publiziert. Sein Buch „Tout un fromage“, erschienen bei Hachette, ist eine liebevolle Enzyklopädie der Käsekultur – kenntnisreich und charmant zugleich.

Kind geblieben, dem Käse treu

Trotz allem Erfolg bleibt Ludovic geerdet. „Ich bin ein verspielter Typ geblieben, aber ich nehme den Käse sehr ernst“, sagt er. Vielleicht ist das sein Geheimnis. Eine Mischung aus Neugier, Respekt und Lebensfreude – die sich nicht nur auf dem Käsebrett, sondern auch im Herzen zeigt.

„Manchmal“, sagt er leise, „muss man einfach dem Käse folgen. Der weiß oft besser, wo es langgeht.“

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