Aromenvielfalt
Lage, Lage, Lage! Immobilienmakler und Weinkenner betonen gleichermaßen die große Bedeutung dieser drei Kriterien. Doch bei Käse? Was hat die Lage, also das sogenannte Terroir, mit dem Geschmack des COMTÉ zu tun? Sehr viel, wie Sie gleich sehen werden. Der COMTÉ ist ein AOP-Käse, also ein Produkt mit „Geschützter Ursprungsbezeichnung“. Und das schmeckt man auch.
Verteilt über die gesamte Franche-Comté, der Heimat des COMTÉ, gibt es 140 kleine Käsereien. In diesen „Fruitières“ wird tagesfrisch die Milch der Kühe aus einem 25-km-Umkreis zu Käserädern von 40 kg Gewicht verarbeitet. Das bedeutet, dass im Grunde jede Fruitière einen anderen COMTÉ herstellt. Und das wiederum bedeutet, dass es im Handel COMTÉ-Stücke mit vielerlei Geschmäckern zu kaufen gibt, zumal die Jahreszeit und die Dauer der Reifung den individuellen Geschmack zusätzlich beeinflussen. Somit ist der COMTÉ ein Käse mit tausend Facetten.
Kenner bemerken rasch, dass mancher COMTÉ nach Aprikose, Haselnuss und weißer Schokolade riecht und schmeckt. Ein anderes Stück wiederum begeistert mit Noten von Heu, Artischocke und Anis. Diese Unterschiede resultieren zu einem großen Teil aus dem Gebiet, aus dem die Milch stammt. Genau wie beim Wein kommt die geschmackliche Vielfalt des COMTÉ zum Großteil aus seinen Ursprungsgebieten.
Letztlich ist der COMTÉ in seinem Variationsreichtum auch zu vergleichen mit einer großen Sammlung von Matroschka-Puppen, die auf den ersten Blick alle gleich aussehen. Ihre unendlichen Feinheiten lassen jedoch hier und da den Stil des Handwerkers, das Markenzeichen eines Dorfes oder die typische Maserung eines einheimischen Holzes erkennen. Der Fachmann erkennt bei jeder dieser Puppen den Herkunftsort sowie das Zusammenspiel des natürlichen Potenzials eines geografischen Gebiets und des menschlichen Know-hows, das die Typizität eines Produkts schafft.
Beim COMTÉ sind dies neben dem „Geschmack der Erde“ an einem bestimmten Ort auch die landwirtschaftlichen Praktiken der Erzeuger wie Fütterung, Weidetechniken, Heutrocknung, Kuhpflege, subtile Melkhygiene usw. Aber auch das Know-how des Käsers spielt hier hinein – die tägliche Anpassung an die Rohmilch, die Auswahl der richtigen Fermente, die Herstellung des Käseteigs, die Reifezeit, das Pressen, die Erhitzungstemperatur. Und dann die Reifung, die das Schicksal des jeweiligen Käselaibs wesentlich mitbestimmt. Hier geht es um Temperaturen, Luftfeuchtigkeit und Kellerklima, Häufigkeit und Art der Pflege, die in ihrer Gesamtheit das Potenzial jedes Laibes mit einem eigenen Stil fördert, der jedem Reifekeller zueigen ist.
Die Vielfalt des COMTÉ kennt quasi keine Grenzen, besonders wenn man die 140 Käsereien mit den 14 Reifekellern multipliziert und das Ergebnis dann noch wegen der Jahreszeiten mal Vier nimmt. Rein mathematisch lässt sich der Mehrdimensionalität der Geschmacksvariationen beim COMTÉ jedoch nicht beikommen. Das muss man erleben – in der Nase, auf der Zunge. Wie bei einem guten Wein.