Rinderherden im Jura werden von Wölfen angegriffen
Seit unserem ersten Bericht über vermehrt auftretende Wolfsangriffe auf die COMTÉ-Milchkühe im Jura-Gebirge hat sich die Lage keineswegs verbessert. Die Bauern sind in großer Sorge um ihre Tiere und ersuchen die Öffentlichkeit um Verständnis für ihr Anliegen und die französische Regierung um Maßnahmen zum Schutz der Kühe, insbesondere der hilflosen Jungtiere.
Der Wolf ist ein schönes und wildes Tier, das stimmt. In vielen Ländern Europas, wo der Wolf als ausgestorben oder zumindest vertrieben galt, freuen sich Naturfreunde über seine Rückkehr und die damit einhergehende wieder verstärkte Artenvielfalt. Doch da der Wolf nun einmal ein Raubtier ist und freilaufende, hilflose Kälbchen und ihre milchtragenden Mütter ziemlich oben auf seinem Speiseplan stehen, hält sich die Freude über die Wolfs-Renaissance in den Reihen der Milchbauern in der Franche-Comté aktuell stark in Grenzen. Nach gravierenden, zum Teil sehr blutigen Verlusten waren die besorgten Bauern bereits im Frühjahr 2023 einmal mit ihrer Bitte um Unterstützung an den Verband der Milchproduzenten herangetreten. Auch wir haben in unserem Newsletter und in den Sozialen Medien darüber berichtet. Die Kommentare auf Facebook und Instagram waren für uns zum Teil überraschend bis verstörend, waren wir doch davon ausgegangen, dass unsere Follower nicht nur den COMTÉ, sondern auch die ihn in letzter Konsequenz ja „produzierenden“ Milchkühe lieben. So sehr auch wir von der COMTÉ-Redaktion Deutschland die Artenvielfalt begrüßen, so sehr unterstützen wir doch auch die unserer Meinung nach berechtigten Interessen und Sorgen der Milchbauern, die aktuell öffentlich die Frage stellen, ob man nun, da er zurück ist, dem Wolf tatenlos das Feld überlassen und ihm einfach freien Lauf lassen soll.
Blutige Verluste traumatisieren die Milchbauern
Fakt ist: Die Zahl der Wolfsangriffe auf Rinderherden im Juragebirge hat seit mehr als einem Jahr stark zugenommen. Dies gilt insbesondere im Süden des Departements Doubs, wo sich gleich mehrere Rudel niedergelassen haben. Zwei Wolfsrudel halten sich ständig in Marchairuz und Risoux auf und mindestens drei Wölfe haben sich in Jougne niedergelassen. Allein im August 2023 kam es zu mindestens fünf Angriffen, von denen drei tödlich endeten. Diese waren in Les Villedieu, in Mouthe und in Chapelle-des-Bois. Bei diesem letzten Angriff wurde die geraubte Kuh von den Wölfen derart zerfleischt, dass alle Züchter in der Gegend und darüber hinaus erschauderten.
Zum Verständnis muss hier vielleicht erklärt werden, dass es den Bauern bei diesen Wolfsangriffen auf ihre Kälber oder Färsen nicht vorrangig um Geld und Entschädigungen geht, obwohl die Tiere natürlich auch ihren materiellen Wert haben. Die betroffenen Züchter und ihre Nachbarn stehen nach jedem Angriff unter großem Stress. Zunächst ist der Verlust zu verschmerzen und dann ist da die Angst, am nächsten Morgen erneut die blutigen Reste eines gefressenen Jungtiers zu entdecken. Diese schwierige Lage wird noch dadurch verstärkt, dass sich die Viehzüchter nicht nur nicht unterstützt fühlen, sondern ihrerseits von Bürgern angegriffen werden, die den Beruf des Landwirts verunglimpfen und gar in Frage stellen. Zahlreiche bissige Kommentare führten zu emotionalen Verletzungen auf Seiten der Züchter.
Wer je einen COMTÉ-Milchbauernhof besucht hat, wird bestätigen können, dass die Montbéliarde-Züchter ihre Tiere lieben, die ausgewachsenen Milchkühe ebenso wie die Färsen und noch mehr die Kälbchen. Schließlich sind die Neugeborenen einer Herde die Zukunft und sie bedeuten dem Züchter alles, wofür er jeden Morgen aufsteht. Der Bauer kennt alle seine Tiere beim Namen und sieht auf den ersten Blick, wenn eines seiner „Mädels“ krank ist. Die Fürsorge und die Verbundenheit mit den Tieren ist ausgeprägt und so schmerzt es die Züchter, dass ein Teil der Gesellschaft die Todesfälle durch Wolfsangriffe offenbar als „Teil der Natur“ bezeichnet und offenbar denkt, es müsse den Bauern kalt lassen, ein Kalb oder eine junge Kuh elend zerfleischt und qualvoll verenden zu sehen. Auch wir fragen uns, wie das mit dem in Naturschützerkreisen lauthals geforderten Tierwohl zusammenpassen soll.
Hilfe dringend erbeten
Stand heute sind die Tiere in ihrer wohlverdienten Winter-Schutzzone und dürfen sich in den warmen Ställen für die kältesten Wochen des Winters sicher fühlen. Etliche Züchter haben derweil Maßnahmen ergriffen, um ihre Herden auch im kommenden Frühjahr und Sommer vor den brutalen Angriffen zu schützen. Da wurden Stacheldraht-Zäume mit fünf Drähten installiert, Ultraschallhalsbänder für jede fünfte Färse angeschafft, Herdenschutzhunde und Esel zum Schutz der Kühe angeschafft. Nun wünschen sich die Züchter noch, dass ihre Not gehört und respektiert wird und dass der Staat konkrete Entscheidungen zum Schutz der Herden trifft und die Anwesenheit der Wölfe vor den Toren ihrer Höfe “eingrenzt”.